2022

20.10.2022

Da steht er nun schon einige Jahrzehnte, in Nidri auf Lefkas, an der Fährenpier, nicht weit vom Denkmal für den Archäologen Wilhelm Dörpfeld:

Aristoteles, Sokrates, Homer Onassis (1906 – 1975)

Die Witterung hat dem Denkmal schon etwas zugesetzt, die Inschrift auf dem Marmorsockel ist schwer lesbar, z.T sogar bewusst abgeschliffen.Vergisst Nidri seinen Sponsor ?

Onassis, so verriet mir eine Tavernenbesitzerin, habe viel für den Ort getan, den Tourismus gefördert, Arbeiter für die Instandhaltung von Scorpios beschäftigt und häufig viel Trinkgeld hinterlassen, wenn er mit Familie und Kindern oder mit Gästen herübergekommen sei. So jedenfalls habe es ihre Großmutter erzählt. Er sei herzlich gewesen, nicht überheblich, eigentlich wie ein ganz normaler Gast. Dabei hatte der Mann 30 Reedereien mit über 900 Schiffen, meist Öltanker. Wer seine Aufstiegsvitae etwa auf Wikipedia liest, fühlt sich an den amerikanischen Traum erinnert, aber in hoher Potenz. Ein ganz normaler Gast, da habe es andere griechische Multimillionäre gegeben, die damals überprotzig aufgetreten seien. Nidri hält sich seinen Onassis, denke ich mir, nirgendwo höre ich in den nächsten Tagen Schlechtes über ihn, auch wenn immer wieder betont wird, wie lange das alles schon her sei. Der Tod seines Sohnes Alexander habe er nicht verkraftet, alle erzählen hier, dass es Mord gewesen sei: „If you are very rich, you don’t have only friends…!“ Und wenn die Sprache auf die neue russische Pächterin von Scorpios kommt, wird der Ton etwas rauher. Sie sei noch nie hier in den Tavernen aufgetaucht, nur die Securities mit ihren großen Schlauchbooten, die seien aber äußerst unfreundlich. Als ich zurück zu Mata Iva paddle, denke ich daran, wie Onassis damals auch von den Medien groß gemacht wurde, Scheidung von der Mutter der Kinder, Beziehung zu Maria Callas, Heirat mit Jackie Kennedy, Jetset auf seiner Yacht „Christina“, Affären und Mythen… Allein die New York Times hat über 2500 Artikel über ihn geschrieben, lese ich später.

„Ehre und Ruhm, die meist erstrebten Güter, bestehen ja aus unsagbarer Nichtigkeit,….“, so heißt es bei dem antiken Philosophen Aristoteles. In Nidri scheint „Ari“ Onassis dennoch ein ganz kleines Stück davon erhalten geblieben zu sein. „Ekelhaft, der Mann, mit der dicken Nase und der häßlichen Brille…,so formulierte es Muttern zu Lebzeiten !

13.Juli 2022

Um es vorweg zu sagen: Der wahre Skipper wurde Enkel „Toni“, seit er an Bord kam. Der Rest der Crew war zum Bespaßen da. Spaß hatte Toni allemal, erstmal Brot für die „Ische“, dann Steine vom Strand über die Reling, dann mal (aus Versehen !) auf Gelcoat oder Teakdeck, Wäscheklämmerchen versenken (außenbords oder durch die Löcher in den Bodenbrettern in die Bilge) und manches mehr ließ sich überall noch versenken oder vestecken, mit viel Freude und „da“, „da“ und Lachen. Noch halten sich auch Gerüchte, er habe in der Eignerkabine aufs Bodenbrett gepinkelt, der DNA des Vaters folgend, der vor ca. 25 Jahren zielgerecht das Loch im Salonbodenbrett exakt getroffen hatte. Verwandtschaft bleibt doch herzzerreißend. Beiboot fahren wurde schließlich zum Hauptspaß. Gas geben hat schon prima geklappt. Kann er mit 15 Monaten da schon einen Schein machen? Es kommen schon die ersten Bedenken, er würde Motorbootfahrer werden. Wir werden’s verfolgen… 🙂

4. Juli 2022

Mata Iva – Ionisches Meer

Segelzeitschriften hatten es schon vorausgesagt: Griechenland wird nach Kroatien Lieblingsrevier sein und bleiben. Die Flottenbetreiber haben, unterstützt von guten Krediten und Abschreibungsmöglichkeiten, 2021 kräftig in den Schiffskauf investiert. Man spürt es im Ionischen Meer, es ist voll, zu Ferienzeiten übervoll. Zumindest auf den klassischen Charterrouten: Korfu – Lefkas – Kefalonia – Ithaka – Zakynthos. Der Lefkaskanal erinnert manchmal an die A8 zur rush hour, es wird gedrängelt, links und rechts überholt, Gas geben ist angesagt. Auch die Buchten sind dann voll, wenn die Charterflotten Samstag nachmittags oder Sonntag mittags auf den Trail gehen. Ich erinnere mich noch gerne an frühere Zeiten: Wenn man vor 40 Jahren einen Ankeplatz in einer Bucht suchte und darin schon eine Yacht ankerte, dann war die Parole: „Da liegt schon einer drin, wir segeln weiter!“

Heute ankern die meisten Yachten hier mit ausgebrachten Fendern, Abstand manchmal fast zum Handreichen, man könnte sich ohne Beiboot zum Frühstück auf dem Nachbarschiff verabreden. Sicher, das klingt etwas übertrieben, aber man geht oft mit Sorge schlafen, der Wind könnte komplett nachlassen und die Schiffe unkontrolliert ungleichzeitig schwojen. Aber, man muss ja froh sein, dass überhaupt noch frei geankert werden darf, (noch) keine kroatischen Bojenfelder – Verhältnisse mit Abzocke. Also antizyklisch zu den Charterflotten unterwegs sein, was nicht immer gelingt, oder aus den Charterrouten ausscheren. Der Ambrakische Golf eignet sich hierzu hervorragend, aber auch eine Route Lefkas – O.Varko (38°45,9′ N / 020°48,1′ E – landschaftlich sehr schöne Bucht) – Mitika (Ankerplatz) – Astakos (sehr griechisch) – Petala ( Bucht groß wie ein Südseeatoll, man liegt oft allein vor Anker, tolles Panorama !! ). Wenn der Wind stimmt, ist es ein toller Schlag nach Vathy Ithaka und dann an einem Stück zurück nach Lefkas oder Preveza.

Mai 2022

Going to sea….

April 2022

Sanary – Südfrankreich

Sicherlich ist der eindrucksvollste Weg, sich Sanary zu nähern, der Seeweg. Von der Ile des Embiez ist es ein kurzer Schlag bis zur Einfahrt des ehemaligen Fischerhafens. Für das Auge ein hinreißendes Erlebnis: Im Hintergrund die Berge des Gros-Cervean, davor bunte Häuser an der gepflegten Hafenpromenade und im Vordergrund Yachten und bunte Fischerboote, die „Pointus“, die spitz zulaufenden 6 bis 8 m langen Fischerkähne.

Les Pointus

Postkartenmotiv, an Weihnachten werden die Boote nach einem alten Brauch mit bunten Lichtern zum Masttop hin geschmückt und geben dann der Hafenzeile einen besonderen Flair.

Hast man im Hafen festgemacht, erschließt sich die Häuserfassade. Links das „Hotel de Tour“ mit einem romanischen Turm in der Mitte, der aus dem Haus herausragt, rechts das rosafarbene Rathaus und dazwischen ein Kirchturm, der eher an eine Leuchtturm erinnert. Wer sich auf Sanary vorbereitet hat, den interessiert aber das Dazwischen: die Cafés mit den Namen „La Marine“, „Le Nautique“ (früher hieß es „Chez Schwob“) und das „Café de Lyon.

„Le Marine“, rechts daneben „Le Nautique“

Dort traf sich Mitte bis Ende der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts die Crème de la Crème der deutschen Literatur, Schriftsteller, die allesamt aus Nazideutschland fliehen mussten, um den Konzentrationslagern zu entgehen und sich in Sanary im Exil ansiedelten. Eine Gedenktafel beim Tourismusbüro erinnert an die Namen:

Insgesamt 68 Künstler fanden in Sanary Zuflucht, bis der 2. Weltkrieg der „Kolonie“ ein Ende bereitete. Viele konnten in die USA fliehen, manche aber fanden auch in den Lagern den Tod. Dass man heute noch im restaurierten „Le Marine“ seinen Kaffee oder einen petit blanc trinken kann, kann verdankt man einem deutschen Soldaten, der sich 1944 dem Befehl widersetzte, wichtige Teile von Sanary, darunter auch die gesamte Hafenzeile, in die Luft zu sprengen.

Deshalb bleibt die Erinnerung an die damalige „Hauptstadt der deutschen Literatur“ ( Ludwig Marcuse) auch bis heute lebendig!

Bevor es am 7.5. nach Preveza geht, steht noch der SKS – Ausbildungstörn vom 9.4. nis 23.4. in Südfrankreich an. Wir werden dort mit 11 Yachten 32 Prüfungsaspiranten für die praktische Prüfung ausbilden. Auch hier wird es sicherlich interessante Begegnungen an Land und auf See geben.

Vor der Segelsaison 2022

Corona hat die Segelbranche kräftig durcheinander gewirbelt. Überall sind heftige Preisanstige bemerkbar, bei den Charterpreisen, den Marinapreisen, den Kaufpreisen für neue Yachten und – das hat es schon lange nicht mehr gegeben – bei den Preisen für gebrauchte Yachten. Der Krieg in der Ukraine wird die Tendenz weiter beschleunigen: Fehlende Rohstoffe und Lieferketten, lange Wartezeiten beim Kauf von neuen Yachten und fehlende Kunden aus Russland und der Ukraine in einigen Charterrevieren. Am schlimmsten aber sind die täglichen Bilder vom Leid der Menschen in der Ukraine

Dennoch gibt es auch unzählige Initiativen von Seglern und Segelvereinen, die versuchen zu helfen, aber auch die verständliche Tendenz, endlich mal wieder selbst auf’s Wasser zu kommen und abschalten zu können von Corona, Krieg und Klimakatastrophe.